konflikt-paar

Wie ich in der Ehe kritikfähiger werde.

Ganz viele Paare kommen zu mir in die Paartherapie und ihr größtes Problem ist, dass sie viele Konflikte austragen, die sie sehr schmerzvoll und auch nicht zielführend führen. Meistens ist es so, dass einer der Partner den anderen beschuldigt, dass dieser zu wenig einfühlsam ist, zu wenig kommunikativ sprechen kann und dass es deswegen zu Konflikten kommt. Wie Sie lernen als Paar mit Konflikten umzugehen, erfahren Sie hier.

Was bedeutet Konfliktfähigkeit?

Für mich ist es essenziell wichtig, wenn Personen mit Konflikten zu mir in die Paarberatung kommen, dass ich die einzelnen Personen anschaue, ob sie wirklich konfliktfähig sind. Das heißt, ob sie auch die Fähigkeit besitzen, mit Konflikten umzugehen. Ich glaube, es ist zu oberflächlich, wenn ich den Paaren in der Paartherapie Konfliktlösungsmuster anbiete, die nicht zu ihnen passen.

Sie müssen sich immer vorstellen, Sie bekommen ein Werkzeug in die Hand, das für einen Riesen gebaut worden ist und Sie versuchen, mit diesem Riesenwerkzeug irgendwie umzugehen. Es erscheint dann zwar logisch, dass man mit diesem Werkzeug die Konflikte beseitigen könnte und auch gut damit umgehen kann, aber es wird Ihnen nicht gelingen, dieses Werkzeug wirklich in die Hand zu nehmen und es anzuwenden. Deshalb ist es extrem wichtig, dass Sie erkennen, inwieweit Sie denn wirklich konfliktfähig sind. Das bedeutet, Sie können Konfliktphänomene in Ihnen selbst und in Ihrer Umgebung möglichst früh und deutlich wahrnehmen, um dann gezielt damit umzugehen, also gezielt Lösungen hervorzurufen. Dazu gibt es verschiedene Ansätze, die ich mit den Paaren in der Eheberatung auch gerne bespreche. Die Erfahrung ist, dass diese Methoden, die ich ihnen dann vorstelle, erstaunlicherweise sehr, sehr schnell dazu führen, dass:

  • Konflikte nicht mehr entstehen, weil diese vorher schon gespürt und and dynamisiert werden oder
  • wenn es dann zum Konflikt kommt, dass die Paare die Fähigkeit haben, diese Werkzeuge, die ich in der Paarberatung an die Hand gebe, auch wirklich bedienen zu können.

Der erste wichtige Punkt, den ich in der Paartherapie anspreche, ist das Thema Selbsterfahrung. Es gibt verschiedene Arten der Selbsterfahrung in einem therapeutischen und in einem nicht therapeutischen Bereich, wobei der nicht therapeutische Bereich für meine Paare genau der Bereich ist, in dem sie ihre Entwicklung machen können. Wichtig ist auch hier, dass wir genau hinschauen: welche Arten der Selbsterfahrung haben sie als Person bereits gemacht? Jeder Mensch macht automatisch eine Selbsterfahrung durch und jeder Mensch hat durch seine persönlichen Möglichkeiten, die ihm gegeben wurden, auch persönliche Arten wie er diese Selbsterfahrung erlebt und dann auch lebt.

 

Was ist denn diese Selbsterfahrung?

Selbsterfahrung in einem nicht therapeutischen Rahmen ermöglicht es Ihnen, in sozialen Gesprächen mit anderen und mit Ihrem Partner über sich selbst zu sprechen. Das sich selbst Erleben mit Ihrem Partner und auch gruppendynamische Prozesse wie Sie als Paar in Ihrem Freundeskreis und Ihrer Umgebung sind, können dazu beitragen, sich die eigenen Verhaltensmuster bewusst zu machen und dann auch loszulassen. Es geht nicht um eine spontane Lösung in Konflikten, sondern es beginnt bereits eine Stufe davor, nämlich dass Sie Konfliktphänomene wahrnehmen und diese Konflikte dann auch mit Ihren Möglichkeiten, die Sie entwickelt haben, abfedern beziehungsweise lösen.

 

Kann man Konfliktfähigkeit üben?

Damit Sie weiterhin erfolgreich in Ihrer Selbsterfahrung sind, gibt es einige Möglichkeiten, wie Sie üben können und auch üben sollten. Eine Möglichkeit, die Sie haben, die Ihnen Erfolg in Ihrer Selbsterfahrung bringt, ist ein großer Freundeskreis. Durch diesen großen Freundeskreis werden Sie immer auch einen Spiegel vorgehalten bekommen, wie Sie wirken, wie Sie auftreten, wie Ihre Sprache ist. Sie lernen automatisch in der Diskussion mit Ihren Freunden auch, wie man mit Konflikten umgeht. Dazu komme ich aber später nochmal.

Ein sehr wichtiger Punkt ist auch, dass man eine Inventur macht und sich fragt, welche Werte denn im Leben wichtig sind. Das sind nämlich die Grundpfeiler dessen, was Sie in Konflikten vertreten. Das heißt, Sie sollten sich sehr genau anschauen, welche Werte Ihnen wirklich so wichtig sind, dass Sie diese vehement vertreten können würden:

  • Welche Werte sind es, wegen denen ich immer wieder in Konflikt mit anderen komme?
  • Welche Werte sind es, die mir helfen, auch mal Ungerechtigkeiten zu ertragen?
  • Welche Werte sind es, die ich nicht unbedingt vertreten muss?

Zu diesem Thema werde ich noch einen extra Blogpost schreiben, weil die Erfahrung aus den Paartherapien zeigen, dass viele Menschen sich ihrer wirklichen Werte nicht bewusst sind.

Des Weiteren ist es elementar wichtig, dass Sie eine Art Konflikttraining machen und dass Sie Konflikte wirklich aktiv angehen. Ein Beispiel dazu wäre, Sie kaufen ein Hemd und an dem Hemd fehlt ein Knopf. Sie bringen es zurück und möchten es umtauschen doch der Verkäufer oder die Verkäuferin sagt, der Knopf sei wahrscheinlich ausgerissen, als Sie das Hemd probiert haben. Genau solche Situationen sind es, in denen Sie üben können, wie weit Ihre Konfliktfähigkeit fortgeschritten ist.

Bitte machen Sie sich vorher Gedanken, wie Sie den Konflikt angehen wollen. Es gibt fünf verschiedene Konfliktarten, mit denen Sie üben können. Nehmen wir als Beispiel den forcierenden Konfliktstil. Das würde bedeuten, dass Sie rationell bewusst an der Sache dranbleiben und mit dem Verkäufer darüber reden, welche Möglichkeiten es gibt, diesen Konflikt zu lösen. Es bedeutet, dass Sie sich nicht abbringen lassen, dass Sie Ihre Werte vertreten und dass Sie klar ansprechen und zeigen, dass sie nicht von ihrem Wert, das heißt in diesem Fall den Umtausch des Hemds, abweichen werden. Ein anderes Beispiel für den forcierenden Konfliktstil wäre, dass Sie aktiv darum kämpfen, dass Sie vielleicht Ihre Stimme erheben, dass Sie Konsequenzen andeuten, dass Sie nicht von Ihrer Position wegrutschen und dass Sie vor allem dem Verkäufer einen Großteil der Schuld dafür zuschieben, dass Sie jetzt unzufrieden sind, wenn der Umtausch nicht stattfinden wird.

Solche Situationen kann man aktiv immer wieder üben. Ich bitte Sie aber, üben Sie das nicht mit Ihrem Freundes- oder Bekanntenkreis, sondern üben Sie das, wenn Sie irgendwo außerhalb sind.

Als Sonderweg gibt es noch die Möglichkeit, wirklich in eine Rollenspielerfahrungen zu gehen. Das heißt, diese Konflikte bei einem erfahrenen Coach in der Gruppe oder im Rahmen der Paartherapie wirklich zu trainieren. Auch hier ist meine Erfahrung, dass Paare aus diesen Rollenspielerfahrungen viel für ihre Beziehung lernen und die Beziehungen anschließend viel, viel glücklicher werden.

 

Konfliktfähig vs. konfliktunfähig – das sind die Unterschiede

Mir geht es nochmal um das Verstehen, welche Mechanismen zur Intensivierung der Konflikte wirklich auch stark beitragen. Es zeigt sich klar, dass konfliktscheue Personen die geringsten Signale deutlich überbewerten. Je mehr ich mich in einen konflikthafte Umgebung begebe, umso sensibler und auch gleichzeitig verletzbarer werde ich. Im Gegenzug dazu haben die Streitlustigen oft eine eingeschränkte Wahrnehmung. Sie erkennen nicht, wie stark verletzend sie sind, wie stark sie auftreten und wie übergriffig sie sind.

Konfliktfähig sind Sie dann, wenn Sie vielfältige Methoden anwenden können, mit denen Sie Ihr Anliegen ausdrücken, ohne dass die Situation sich für Sie verschlechtert. Ein probates Mittel ist, die Kunst des Fragens kennenzulernen. Das wäre zum Beispiel, Ihren Partner in allen Situationen zu fragen, wie geht es dir; was läuft dabei ab; wie denkst du, dass ich darüber fühle; was könnten wir bewerkstelligen; und, und, und. Eine weitere Methode ist, dass Sie erkennen, wann es zu Problemen kommen könnte. Das bedeutet also, dass Sie vorausschauend auf Probleme, auf Spannungsfelder und auf vorhersehbare Veränderungen Ihres Umfelds achten. So können Sie Ihre Art, wie Sie damit umgehen, entspannen. Als drittes würde ich als Online-Paartherapeut immer dazu raten, dass Sie miteinander sprechen und dass Sie sich Zeit nehmen. Es sollte ein Ritual werden, ein regelmäßiges Gespräch darüber zu führen, wo Sie stehen, was gerade gut läuft, was nicht so gut gelaufen ist und was Sie ändern möchten. Empfehlen würde ich Ihnen das etwa alle 14 Tage.

 

Fazit: Konfliktfähigkeit kann in der Paartherapie erlernt werden – aber individuell

Ich möchte mich nicht wiederholen, aber nochmal: Es ist einfach zu oberflächlich, Ihnen im Rahmen der Paartherapie online die Konfliktmuster beizubringen, wenn Sie keine konfliktfähige Person sind. Das heißt, sie sollten Wege kennenlernen sowie Mittel anwenden können, die einfach zur Klärung von Ihren Standpunkten und auch der Situation beitragen.

Als konfliktfähige Person kennen Sie Ihre eigenen Grenzen und Ihr eigenes Können zum Thema Konflikt und ich glaube, hier ist es gut, wenn man schaut, wo man sich Hilfe holen kann. Ein Weg ist, wie bereits erwähnt, ein großer Freundeskreis und viel Zeit, die Sie mit diesem verbringen. Für viele ist das heute leider nicht mehr möglich und Sie werden eventuell feststellen, dass die Qualität der Freundeskreise sich oft auf wenige Themen wie Sport oder Sonstiges begrenzt. Was ich nicht empfehle, sind die Eltern, weil Eltern ihre eigenen Meinungen zum Konflikt haben und diese natürlich im guten Willen und mit guten Gedanken an ihre Kinder weitergeben wollen. Somit kommt es nicht zu einer Erweiterung Ihres Wissens. Ich glaube, als Paar ist es immer gut, wenn Sie sich professionelle Hilfe zum Thema Konfliktfähigkeit bei einem Paartherapeuten holen. Achten Sie aber bitte darauf, dass Sie nicht nur Werkzeuge in die Hand bekommen, mit denen sie dann eventuell nicht glücklich werden.

Paare glücklich zu machen, heißt Paare in der Eheberatung konfliktfähig zu machen. Die einzelnen Personen anzuschauen, wo sie stehen, was sie eventuell noch an Erweiterungen brauchen, an Möglichkeiten, die sie noch nicht kennen. Das ist der sichere Weg, damit Paare sich nicht immerzu streiten und damit sie glücklich in ihrer Beziehung werden.

Ich freue mich auf Ihre Kommentare, diese sind mir besonders wichtig. Ich werde auf jeden einzelnen antworten und meine Erfahrung ist, dass auch andere Leser durch Ihre Kommentare wieder ein Stück weiterkommen. So helfen wir uns gegenseitig, ein gutes Wissen aufzubauen und ein glückliches Leben zu führen. Ich freue mich, wenn Sie weitere meiner Blogposts lesen. Bis demnächst!

Ihr Jürgen Sturm

Ich hoffe, dass Euch der Artikel inspiriert hat. Bitte macht mir eine Freude und teilt diesen Artikel,
damit mehr Menschen eine glückliche Partnerschaft haben können.

Twitter
Telegram
WhatsApp
Facebook

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ihre Anmeldung konnte nicht gespeichert werden. Bitte versuchen Sie es erneut.
Ihre Anmeldung war erfolgreich.

Werde Teil meiner Gemeinschaft.

Ich werde Dir neue Geschichten und Tipps zusenden, wie in deiner Partnerschaft, mehr Leben, weniger Streit und viel mehr Harmonie entstehen wird.

Wir verwenden Sendinblue als unsere Marketing-Plattform. Wenn Sie das Formular ausfüllen und absenden, bestätigen Sie, dass die von Ihnen angegebenen Informationen an Sendinblue zur Bearbeitung gemäß den Nutzungsbedingungen übertragen werden.